Handgearbeitetes Planetarium in Bremerhaven ist eines der ältesten seiner Art

Meterhohe Wellen, keine Sicht in der Gischt, am dunklen Nachthimmel ein paar Sterne – wer bei diesem Wetter auf dem Meer zur sicheren Küste will, guckt heutzutage auf sein GPS-Satellitensystem. Fällt das Instrument allerdings aus, bleibt nur der Notruf. Die Seemänner früherer Zeiten hätten darüber gelacht. Sie konnten noch nach Sternen navigieren. Das Planetarium in Bremerhaven ist dafür ein einzigartiger und kostbarer Zeitzeuge – und von Hand gearbeitet.

„Es ist fast schon ein bisschen Schicksal, dass wir dieses Planetarium hier haben“, sagt Rolf Schäfer vom Verein der Bremerhavener Sternenfreunde. Der Verein betreut die Einrichtung im heutigen Hochschul-Gebäude an der Weserfähre ehrenamtlich. Tatsächlich wirkt das Eröffnungsdatum wie eine Verstrickung der Sternengeschichte. „Eingeweiht wurde das Planetarium als Teil der Seefahrtsschule am 12. April 1961 – genau dem Tag, als der Russe Juri Gagarin als erster Mensch im Weltall war. Das ist reiner Zufall – oder vielleicht doch kosmisch miteinander verbunden“, schmunzelt Schäfer.

Gebaut für die nautische Ausbildung in der Seefahrtschule

Das Zeiss-Planetarium als Herzstück der Anlage ist eine der ältesten Anlagen ihrer Art in Deutschland. Gebaut wurde das technische Wunderwerk, um in Bremerhaven die nautische Ausbildung der aufstrebenden Seefahrernation möglich zu machen. Die stürmische und riskante Island-Fischerei, der zunehmende weltweite Schiffsverkehr – Deutschland brauchte hochqualifizierte Kapitäne und Offiziere, die sich auf dem Meer auskannten und verlässlich auch nach Sternen navigieren konnten. Das Planetarium brachte die Männer gefühlt hinaus auf den Ozean, ohne dass sie das Festland verlassen mussten.

Der Raum und die Technik sind original erhalten

Sechs Meter hoch, eine schneeweiße Kuppeldecke, die blau gepolsterte Sitzbank läuft im Kreis rundum an der Wand entlang – der Raum ist original erhalten und schlicht. Kein Wunder, schließlich sitzen die Zuschauer ja auch heutzutage im Dunkeln, wenn der künstliche Sternenhimmel an die Kuppel projiziert wird. Ausgangspunkt des Lichtwunders ist die geheimnisvolle, kleine Metallkugel in der Mitte des Raumes mit ihren vielen kleinen Öffnungen. „In der Kugel sind verschiedene optische Linsen angebracht und kleine Kupferblenden, aus denen das Licht strahlt. In diese Blenden sind damals tatsächlich per Hand viele winzige Löcher eingestanzt worden – an die 4000 Stück. Das ist eine sehr aufwändige Arbeit“, erklärt Schäfer begeistert.

Die Sterne einer klaren Winternacht

Einige Minuten braucht das Auge, um sich an die Dunkelheit im Raum zu gewöhnen. Zur leisen sphärischen Musik erscheinen in der Kuppel immer mehr Sterne wie aus dem Nichts. Schließlich ist das Funkeln schlichtweg überwältigend und über den Köpfen der Zuschauer breitet sich ein wahres Meer von Lichtpunkten aus. „Wir können hier so viele Sterne an die Kuppel projizieren, wie man in einer klaren Winternacht weit weg von den hellen Städten sehen würde. Hier bei uns gibt allerdings einen deutlichen Vorteil: Man friert nicht“, sagt Schäfer.

Noch dazu ist der Sternenhimmel im Bremerhavener Planetarium auf Wunsch sogar schneller als in der Natur. „Man muss nicht eine ganze Nacht abwarten, um die Drehung der Erde hier am Himmel wahrzunehmen. Wir können die Bewegungen der Sterne nachbilden“, sagt Sternen-Fan Schäfer und drückt am kleinen Motor der Anlage einen Knopf. In Windeseile schieben sich plötzlich die Sterne in der Kuppel über den Nachthimmel. So können die Sternbilder in die verschiedensten Positionen, Konstellationen und sogar Jahrhunderte zurück in der Zeit gebracht werden.

Auch zu sehen: Sonnenfinsternis und Kometen

„Der Stern von Betlehem zum Beispiel ist ein beliebtes Thema zur Weihnachtszeit. Wir zeigen die ungewöhnliche Planetenkonstellation, die vor gut 2000 Jahren für diesen strahlend hellen Punkt am Himmel gesorgt hat. Auch besondere astronomische Ereignisse wie Sonnenfinsternisse oder vorbeiziehende Kometen können wir hier anschaulich und beeindruckend darstellen.“ Geöffnet ist das Bremerhavener Planetarium nicht nur zu den festen Zeiten des Vereins. Es kann für bestimmte Anlässe auch komplett gemietet werden. „Vielleicht“, sagt Schäfer, „möchte jemand seiner Frau ja mal als Überraschung den Sternenhimmel schenken.“

Verein betreut das Planetarium ehrenamtlich

Die Arbeit der Sternenfreunde im Bremerhavener Planetarium ist ehrenamtlich. Sie soll nicht dazu dienen, jede Menge Sternentaler anzusammeln. Rolf Schäfer: „Um diese wertvolle und einzigartige Anlage zu erhalten, nehmen wir gern eine Spende nach der Vorstellung entgegen. Vier Euro pro Person in der Sammeldose machen uns schon glücklich.“ Wer sich für einen Besuch im Planetarium oder die Bremerhavener Sternenfreunde interessiert, kann sich unter der Telefonnummer 0471/777 55 bei Rolf Schäfer melden.

https://bremerhavener-sternfreunde.de/